Warum lässt Gott Leid zu?

In dieser Welt sind wir oft mit intensivem Leiden und immensen Schmerzen konfrontiert. Kindesentführungen, Missbrauch, häusliche Gewalt, Sucht, Naturkatastrophen, Unfälle und lähmende Krankheiten sind nur einige der Übel, die auf dieser Welt ständig passieren. Ist all dies Böse Gottes Willen? Warum stoppt er es nicht? Eine neue Antwort auf eine alte Frage.

Teil 1: Das Problem

Ist alles was auf dieser Welt geschieht Gottes Wille? Orchestriert Gott jedes Detail dieser Welt? Wenn dies wahr wäre, würde Gott dann nicht auch hinter den oben genannten Übeln stehen? Lässt Gott Böses zu, um einen verborgenen Zweck zu erfüllen? 

Nein, ich glaube nicht, dass dies alles mit dem Gott zusammenpasst, den Jesus uns offenbart hat. Gott offenbart sich ständig als derjenige, der gegen Sünde, Chaos, Tod und das Böse arbeitet. Er ist die Quelle echten Lebens und sein Ziel ist es immer, das, was zerbrochen und zerstört ist, wiederherzustellen und zu heilen. Sein Wesen ist selbstgebende Liebe, die das Gute für andere sucht.

Wenn das wahr ist, dass Gott immer gut ist und Leiden und das Böse hasst, warum beendet er es nicht und nimmt es weg? Das ist eine Frage, mit der viele Menschen, die Leiden erlebt haben, zu kämpfen haben! „Warum hat Gott mich nicht vor dem Missbrauch geschützt, den ich erlitten habe?“ „Warum hat Gott meine Tochter nicht von der Krankheit geheilt, bevor sie starb?“ „Warum hat Gott diesen Unfall nicht verhindert?“

Die Antwort, die einige Christen geben, lautet: Gott hätte es aufhalten können, aber er hat es zu einem mysteriösen Zweck zugelassen, und am Ende wird er es zum Besten wenden.

Als Vater von drei Töchtern würde ich niemals zulassen, dass meine Töchter vergewaltigt werden, wenn ich die Macht hätte, es zu stoppen! Und ich glaube, dass Gott ein viel besserer Vater ist als ich. Missbrauch, Übel und Leiden sind niemals der Wille Gottes! Daher glaube ich nicht, dass die traditionelle Antwort eine akzeptable Antwort auf die Frage ist, warum Gott das Böse zulässt. Wenn er wirklich gut ist und Leid aufhalten könnte, dann würde er es aufhalten!

Dies bedeutet, dass eine der beiden Annahmen falsch ist. Entweder ist Gott nicht gut oder er kann Leid und das Böse nicht aufhalten. Viele Menschen, die großes Leid erlebt haben und an der traditionellen Antwort festhalten, hören leider auf zu glauben, dass Gott gut ist! Sie wenden sich von einem Gott ab, der das perverse Böse aufhalten kann, es aber für einen mysteriösen Zweck zulässt.

Glücklicherweise besteht keine Notwendigkeit, diesen Weg zu gehen. Die Bibel offenbart Gott als einen guten Vater, der immer unser Gutes sucht. Gott ist gut. Das ist unerschütterlich. Das bedeutet, dass die zweite Annahme falsch sein muss. In der Bibel finden wir einen Gott, der einige Dinge nicht tun kann.

„Gott kann nicht lügen“, sagt Titus (1: 2). „Gott kann nicht versucht werden“, sagt Jakobus (1:13). „Gott kann nicht müde werden“, sagt Jesaja (40:28). „Wenn wir ungläubig sind, bleibt er treu“, schreibt Paulus, „weil Gott sich selbst nicht verleugnen kann“ (2. Tim. 2:13).

Gott handelt nie widersprüchlich seiner Natur. Die Art und Weise, wie Gott in dieser Welt interagiert, wird durch seine Natur und seinen Charakter definiert. Gott kann keine Dinge tun, die seiner Natur widersprechen.

Teil 2Gottes Natur und Charakter

Um die Dinge zu verstehen, die Gott nicht tun kann, weil sie seiner Natur widersprechen, müssen wir zuerst seine Natur verstehen. Was ist der Hauptcharakter, der primäre Charakter, Gottes? Was ist seine Essenz?

Jesus ist die höchste Offenbarung Gottes (Hebr 1,3). Wenn wir Jesus betrachten, sehen wir, wie Gott ist. Jesus ist die klarste Offenbarung Gottes.Gott ist Jesus niemals unähnlich. Gott war immer wie Jesus und er wird immer wie Jesus sein.

Jesus stellte die Liebe in den Mittelpunkt seines Lebens und seiner Lehre. Er offenbarte Gott als einen liebenden Vater, der vergibt, sucht was verloren ist, Gefangene befreit, zerbrochene Herzen heilt und sich dem Bösen in all seiner Form widersetzt. Er offenbarte Gott als einen gewaltfreien und nicht zwingenden Gott, der durch Liebe, Barmherzigkeit und Vergebung anstelle von Gewalt, Druck und Angst wirkt.

1.Johannes 4: 8 bestätigt, dass Gott Liebe ist! Das Wesen Gottes ist Liebe. Das griechische Wort für Liebe, das hier verwendet wird, ist Agape. Gott ist Agape-Liebe. In 1 Kor 13,4-7 definiert Paulus diese Agape-Liebe. 

„Liebe ist geduldig, Liebe ist freundlich. Sie kennt keinen Neid, sie spielt sich nicht auf, sie ist nicht eingebildet. Sie verhält sich nicht taktlos, sie sucht nicht den eigenen Vorteil, sie verliert nicht die Beherrschung, sie trägt keinem etwas nach. Sie freut sich nicht, wenn Unrecht geschieht, aber wo die Wahrheit siegt, freut sie sich mit. Alles erträgt sie, in jeder Lage glaubt sie, immer hofft sie, allem hält sie stand.“ (NGÜ)

Wenn wir wissen wollen, wie Gott ist, können wir „die Liebe“ durch „Gott“ ersetzen: „Gott ist geduldig, Gott ist freundlich …“

V6 sagt: „Liebe (Gott) freut sich nicht, wenn Unrecht geschieht …“
Gott hat keine Freude um Unrecht und Leid dieser Welt. Er ist nicht die Kraft hinter dem Bösen und Leid. Er wirkt beständig dem Bösen entgegen und versucht den angerichteten Schaden zu begrenzen und wieder gut zu machen. 

Warum stoppt Gott dann nicht alles Böse? Weil er nicht kann! Warum kann er nicht? Weil seine Natur Agape-Liebe ist.

Agape-Liebe drängt sich nicht auf. Agape-Liebe wirkt nicht durch Zwang und Kontrolle, sondern wirkt, indem sie Lügen aufdeckt, Wahrheit offenbart und Liebe und Vergebung anbietet. Gott möchte, dass wir ihn lieben. Um Gott wirklich zu lieben, müssen wir die Möglichkeit haben, ihn zu wählen oder ablehnen zu können. Dies ist eine echte Wahl die jeder Mensch hat! Diese Freiheit ist ebenfalls unwiderruflich. Deshalb kann Gott den Menschen seinen Weg nicht aufzwingen. Wenn er sich den Menschen aufzwingen würde, würde er seiner eigenen Natur entgegenwirken, was er nicht kann. Deshalb kann Gott viel Böses nicht aufhalten. Er kann den Missbraucher nicht aufhalten. Er kann den betrunkenen Fahrer nicht aufhalten. Er kann den gewalttätigen und süchtigen Ehepartner nicht aufhalten.

Das bedeutet aber nicht, dass er nicht beständig versucht, das Böse zu verhindern. Gott tut kontinuierlich alles was er kann, um das Böse in dieser Welt zu stoppen und zu verhindern.

Teil 3: Gott uns die Erde anvertraut

Obwohl Gott viel Böses nicht stoppen kann, widersetzt er sich ständig dem Bösen, so viel er kann. Wir haben bereits gelernt, dass der freie Wille der Menschen ein wesentlicher Faktor dafür ist, wie viel Gott tun kann. Darüber hinaus hat Gott uns Menschen als Verwalter dieser Welt eingesetzt. Wir sind diejenigen, die diese Welt regieren und kultivieren sollen. Dies bedeutet, dass der Zustand dieser Welt hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, wie wir Menschen uns um diese Welt gekümmert haben. Meiner Meinung nach, haben wir uns nicht sehr gut um diese Welt gekümmert und wir ernten die Folgen davon in Naturkatastrophen, die durch den Missbrauch dieser Welt verursacht werden (Stichworte: globale Erwärmung, Plastik …).

Gott wirkt hauptsächlich in dieser Welt, indem er die Menschen zum Guten hin beeinflusst, indem er ihnen die Wahrheit offenbart, sie der Sünde überführt und sie durch seinen Geist zu guten Entscheidungen führt. Gott wirkt, indem er Menschen beeinflusst, ihren freien Willen zum Guten zu nutzen. Daher sind wir Menschen die Akteure, die Gott in dieser Welt benutzt und durch die er arbeitet, um dem Bösen entgegenzutreten und Gutes zu bewirken.


Gott kann das Böse in dieser Welt nicht alleine aufhalten, er braucht uns, um mit ihm zusammenzuarbeiten. Unsere Handlungen und Entscheidungen haben echte Konsequenzen. Nicht alles wird von Gott orchestriert, sondern wir beeinflussen das Leben buchstäblich durch die Entscheidungen, die wir treffen, und wir können je nach den Entscheidungen, die wir treffen, ein Fluch oder ein Segen für andere Menschen sein.

Teil 4:

Während Gott kein Leid und Böses verursacht, arbeitet er immer daran, das Gute aus dem Bösen hervorzubringen. Gott ist der Meister darin, Böses mit Gutem zu überwinden. Gott kann das Böse zwar nicht selbstständig aufhalten, aber er möchte es dennoch gebrauchen und zu unserem Guten nutzen. Er ist der Gott, der immer Schönheit aus Asche hervorbringt. Er erschafft Leben aus dem was tot ist. Er ist der Gott, der Mist nimmt und ihn in Dünger verwandelt. Es war nicht Gott der bewirkt hat, dass die Brüder Josefs ihn gehasst haben und töten wollten, aber Gott nutzte diese böse Situation zum Wohl aller Menschen dieser Zeit. Es war nicht Gott der den Blinden blind gemacht hat, vielmehr hat er gezeigt, dass die Blindheit nicht sein Wille ist und den Mann geheilt (Joh 9,3).
Wo immer Menschen ihr Herz für Gott öffnen und auf seine Führung hören, kann Gott wirken und anfangen, seine Heilung zu bringen. Wenn Menschen ihre Herzen für Gott öffnen, kann er beginnen, sie zu beeinflussen und sie als Segen für andere zu nutzen.

Er möchte immer Menschen segnen, damit sie ein Segen für andere sind. Gottes Segen ist immer zum Wohle der Allgemeinheit und nicht nur für den privaten Gebrauch.

Bedeutet das, dass Menschen, die ihr Herz für Gott öffnen und sich ihm hingeben, aber zum Beispiel immer noch keine Heilung (von einer Krankheit) erhalten , eine versteckte Sünde haben, die die Heilung blockiert? Nein, das bedeutet es nicht. Diese Welt ist komplizierter als wir denken. Wie wir gesehen haben, beeinflussen viele verschiedene Faktoren die Möglichkeiten des Einflusses Gottes in dieser Welt. Während die Person sich voll und ganz Jesus hingegeben hat, können andere Faktoren (z.B. Dinge in der geistlichen Welt) die Heilung behindern.

Für uns Menschen ist der Versuch, all die verschiedenen Faktoren zu verstehen, die Gottes Handeln in dieser Welt beeinflussen, wie ein Ritter im Mittelalter, der versucht zu verstehen, wie ein Smartphone und das Internet funktionieren. Wir können nicht alles ergründen, was vor sich geht, aber wir können darauf vertrauen, dass Gott immer gut ist, dass er kein Böses verursacht, sondern dass er immer alles tut, um das Böse zu verhindern und Gutes daraus hervorzubringen. Und wir können verstehen, dass sein Vermögen, das Böse in dieser Welt zu überwinden, davon abhängt, wie sehr wir mit ihm zusammenarbeiten und wie sehr wir uns öffnen, um seine Hand und Füße in dieser Welt zu sein.

Teil 5: Römer 8,28

Röm 8,28 ist ein wunderschönes Bild, das zusammenfasst, worüber wir oben gesprochen haben. In der Vergangenheit wurde der Vers oft so übersetzt:

Eines aber wissen wir: Alles trägt zum Besten derer bei, die Gott lieben; sie sind ja in Übereinstimmung mit seinem Plan berufen.(NGÜ)

So oder ähnlich wird dieser schöne Vers oft übersetzt. Allerdings bringt diese Übersetzung auch ein paar Probleme mit sich. 

  1. Der Mensch ist passiv. Gott ist es der alles zum Guten wirkt, egal was der Mensch tut oder nicht tut.
  2. Es suggeriert, dass auf jeden Fall Gutes aus Bösem heraus kommen wird. Aber was wenn dies nicht geschieht? Sehr viele Christen leiden ihr Leben lang unter den Konsequenzen von Bösem, Missbrauch oder einem Unfall ohne die gute Frucht davon zu sehen! Zu viele haben sich von Gott abgewendet, weil sie die Erfüllung dieser “Verheißung” nicht erlebt haben. 
  3. Diese Übersetzung limitiert Gottes Wirken zum Guten auf die Menschen die Gott lieben. Wirkt Gott in den Leben derer die ihn nicht lieben nicht? Gott wird in der Bibel als der beschrieben der uns bereits geliebt hat als wir noch seine Feinde waren (2 Kor 5,18). Er wirkt bereits in den Leben derer die ihn hassen und ihn bekämpfen (das Leben von Paulus ist ein gutes Beispiel dafür). Gott wirkt in jedem Leben zum Guten hin so viel wie er kann. 

Wie kann dieser Vers besser übersetzt werden? 

Die UBS Handbücher wurden speziell dafür gemacht um Bibelübersetzer mit allen notwendigen Informationen über den Urtext zu versorgen, die nötig sind um den Text gut übersetzen zu können. Nachdem die wichtigsten Informationen erklärt werden und verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten verglichen werden wird eine empfohlene Übersetzungsmöglichkeit angeboten. 

UBS empfiehlt für Römer 8,28 folgende Übersetzung:

“in every experience which we have God works things out for good with us who love him” or “… God, together with us who love him, works so that what happens will be for good.” *

“in allem was wir erleben wirkt Gott zum Guten zusammen mit denen die ihn lieben” oder “…Gott, zusammen mit denen die ihn lieben, wirkt so dass was auch geschieht zum Guten dient” (Übersetzung vom Autor dieses Artikels)

Diese Übersetzung bestätigt, dass Gott nicht alleine wirkt und der Mensch passiv ist, sondern, dass Gott in Partnerschaft mit Menschen arbeitet und unsere Zusammenarbeit braucht um Gutes aus Leid und Bösem hervorzubringen. Dies würde dann auch erklären warum nicht immer Gutes aus Bösem hervorkommt. Wenn wir Menschen unseren Teil nicht dazu beitragen, dann kann dies Türen versperren und das Gute demnach nicht eintreten. Zuletzt beschränkt es Gottes gutes Wirken nicht auf die ihn lieben was besser zum gesamten Kontext des Neuen Testaments passt. 

Leid und Schmerz ist nicht Gottes Wille für unser Leben. Er hat Gutes für uns im Sinn. In Zusammenarbeit mit uns, kämpft er kontinuierlich gegen Leid, Ungerechtigkeit und das Böse indem er aus Asche Schönheit hervorbringt und Gutes aus Bösem erschafft. Das Maß in dem Gott Böses in der Welt bekämpfen kann ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig (z.B. Faktoren in der geistlichen Welt, der freie Wille von Menschen und Mächten…). Gott kann das Böse nicht einfach alleine stoppen, aber er ist beständig daran, in Zusammenarbeit mit uns Menschen, Gutes aus Bösem hervorzubringen und das Böse in der Welt zurückzudrängen. 

Zusammenfassung:

Die erste Frage war, warum Gott das Böse in der Welt nicht aufhält. Die Antwort, die wir gefunden haben, war: weil er es nicht kann. Er kann nicht, weil er nicht gegen seine Natur handeln kann. Seine Natur ist Agape-Liebe, die Freiheit gewährt und nicht zwingend ist. Aber Gott arbeitet ständig daran, das Böse und Leid in dieser Welt zu besiegen, aber das Maß seiner Fähigkeit, in dieser Welt zu handeln, wird vom freien Willen von Menschen und geistlichen Mächten beeinflusst und dadurch begrenzt. Gott möchte immer mit uns zusammenarbeiten, um Schönheit aus Asche und Leben aus Tod hervorzubringen.

* Newman, B. M., & Nida, E. A. (1973). A handbook on Paul’s letter to the Romans (pp. 165–167). New York: United Bible Societies.

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